Ersatzteile sind die Goldgrube im After Sales Service

Dass man mit Ersatzteilen gutes Geld verdienen kann, und insbesondere viel höhere Margen erzielt als mit dem eigentlichen Produktverkauf, ist mir aus meiner beruflichen Praxis schon lange bekannt. Aber wie hoch die Spannen in Branchen sein können, in denen die Käufer bekanntermaßen sehr hohe Summen in ihr Hobby investieren, fand ich dann doch interessant.

In meinem Antennenpark befindet sich eine magnetische Loop-Antenne von I3VHF, das Modell „Baby„. Das ist eine tolle Antenne, mechanisch wirklich erstklassig aufgebaut, die ein gutes Signal erzeugt und bauartbedingt sehr schmalbandig empfängt. Eine Kompromiss-Antenne hinsichtlich Abmessungen und Gewinn, keine Frage. Für meine Wohnsituation in den Jahren von 2004 bis 2011 jedoch eine gute Wahl, um in einem denkmalgeschützten Haus in der Innenstadt bei minimaler Sichtbarkeit immerhin auf 10 bis 40 Meter auf Kurzwelle funken zu können.

Seitdem ich in einem Haus mit Garten wohne, sind nun Antennen größerer Abmessungen möglich und werden auch eingesetzt. Da ich mich mit diesen Antennen nun auch (wieder) dem Contesten zugewendet habe, kommt die MagLoop nicht mehr so oft zum Einsatz. Sie produziert zwar ein gutes Signal, benötigt zum Abstimmen aber immer etwas Zeit und Aufwand. Mit der Zeit gewinnt man Erfahrung und wird schneller dabei. Trotzdem ist die MagLoop keine Antenne für Conteste, bei denen es darauf ankommt, schnell und unkompliziert, Bänder und Frequenzen wechseln zu können.

Weil mir der Platz im Snack sowieso zu knapp wurde, beschloss ich also, mich von der Antenne zu trennen.

Wie groß war die Enttäuschung, als ich beim Vorbereiten der Verkaufsunterlagen feststellen musste, dass der Stellmotor in der Antenne ausgerechnet jetzt den Geist aufgegeben hatte. Wie gesagt, die Antenne ist mechanisch hervorragend aufgebaut. Dickwandiges Aluminium, großer Plattenkondensator als Edelstahl, Schutzgas-Schweißnähte usw. Einziges mechanisch bewegliches (= verschleißendes) Teil ist der elektrische Stellmotor, der mit einem abgesetzten Steuergerät aus dem Shack heraus bedient wird und den Ring der Loop-Antenne öffnet und schließt. Dadurch ändert sich die Kapazität des Plattenkondensators, so dass die Antenne kHz-genau abgestimmt werden kann.

Der elektrische Motor dieses Stellantriebes war festgefressen, hatte im ersten kalten Winter im neuen Haus wohl doch den Witterungseinflüssen nicht mehr trotzen können. Sieben Jahre auf dem Dach hatten einfach ihre Folgen hinterlassen. Das Gestänge im Antrieb selber war heil geblieben, nur der Elektromotor nicht.

Stellantrieb MagLoop Baby
Stellantrieb MagLoop Baby (ohne E-Motor)

Was tun? Eine gebrauchte Antenne verkaufen zu wollen, deren einziges Verschleißteil kaputt ist, macht aus Verkäufersicht nicht viel Sinn. Also muss ich mich um Ersatz bzw. Reparatur kümmern.

Eine Anfrage per Mail beim deutschen Distributor ergibt, dass der komplette Stellantrieb (also Motor plus Gestänge) 180,- EUR zzgl. Versand kosten würde. Einen einzelnen Motor (ohne Gestänge) könne man nicht liefern. Puh, bei dem Preis für das Ersatzteil wird der anschließende Verkauf der Antenne auch nicht wirklich (betriebswirtschaftlich) sinnvoll.

Und nun? Vielleicht ist der Motor ja als einzelnes Ersatzteil direkt vom Hersteller zu beziehen? Also eine weitere Anfrage per Mail, dieses Mal an den italienischen Hersteller. Der antwortet sinngemäß wie der Distributor, nämlich das der E-Motor nicht einzeln erhältlich sei. Er kann zur Erklärung nachvollziehbare Gründe nennen, warum der Motor nicht einzeln geliefert werden kann. Der vollständige Stellantrieb soll bei ihm 145,- EUR kosten zuzüglich 25,- EUR für den Versand. Ich bin mir nicht sicher, ob die Lieferung aus Italien nicht auch noch durch den Zoll muss (vielleicht kostenlos, aber mit Aufwand verbunden) und nehme Abstand von der Idee.

Ich habe in der Zwischenzeit den Original-Kaufbeleg aus dem Archiv geholt. Ein Verkauf nach Kilopreis beim Altmetallhändler kommt einfach nicht in Frage, dafür war die Antenne damals zu teuer…

Ein paar Tage gehen ins Land. Ich besuche gerade die Webseite eines großen Elektronik-Versenders, als mir die Idee kommt, dort nach einem alternativen Stellantrieb zu suchen. Satellitenschüsseln und Dachfenster werden doch auch durch solche Antrieb bewegt, vielleicht findet sich ein umrüstbarer Antrieb darunter?

Eine halbe Stunde später habe ich verschiedene Gemütszustände durchlaufen: Erfreut, irritiert, erbost, fasziniert, zufrieden. Was ist passiert?

Ich habe im Versandhandel den baugleichen Antrieb gefunden, der auch in  der Baby-Loop ursprünglich verbaut wurde. Die Aufkleber sind andere, die Abmessungen aber gleich. Der Preis ist auch anders: 39,95 EUR. Versandkostenfrei, wenn man erst einmal die Mindestbestellmenge erreicht hat. Damit liegt der Preis bei 27,5 % der vom Hersteller, bzw. bei 22 % der vom Distributor genannten Preise. Ohne Versandkosten, wohlgemerkt. Die mit eingerechnet, wären es 23,5 % bzw. 21 %. Das sind recht sportliche Spannen, finde ich, und denke wieder einmal „hättest Du doch etwas gescheites gelernt“… 😉

Den Antrieb bestellt, erhalten, eingebaut, getestet – funktioniert! Nun kann ich die Antenne doch noch versuchen zu verkaufen, zu einem halbwegs erträglichen Preis.

Sollte jemand das gleiche Problem haben und nun aus der Bewusstlosigkeit erwachen, in die die Preisanfrage bei Hersteller oder Distributor ihn oder sie gestürzt haben, dann aufgemerkt: Bei Google suchen hilft!

Autor: Kai

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