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Baumwollbekleidung aus der Türkei

Die Türkei liegt geographisch etwa auf der Höhe Spaniens zwischen dem 36. und 42. nördlichen Breitengrad und damit innerhalb des ,, Baumwollgürtels`` der Erde (s. Kap. gif), in dem die klimatischen Bedingungen den Baumwollanbau zulassen.

Zahlreiche Flüsse münden an der türkischen West- und Südküste in das Mittelmeer. Abhängig von der Jahreszeit führen sie unterschiedlich viel Wasser: Oft sind die Flüsse im Sommer ausgetrocknet, während sie im Frühjahr nach der Schneeschmelze Hochwasser führen. Wegen dieser Schwankungen des Wasserstandes ist auf den meisten Flüssen keine Schiffahrt durchgängig möglich. Durch die Ablagerung von mitgeführtem Material wie Sand und Schwebstoffen haben sich im Mündungsbereich vieler Flüsse Schwemmlandgebiete ausgebildet, von denen Çukurova inzwischen das größte und wichtigste Agrargebiet der Türkei ist [46].

In der Türkei bestehen über zweihundert natürliche Seen, deren Wasserstände ebenso wie die der Flüsse von der Jahreszeit abhängen. Im Sommer schrumpft ihre Fläche, während die Seen im Frühjahr oft über die Ufer treten. Da die meisten Seen keine Abflüsse aufweisen, kommt es im Laufe der Zeit zu Versalzungen und damit zur Bildung von Salzseen. Zusätzlich zu den natürlichen gibt es noch etwa dreihundert künstlich angelegte Seen, die der Bewässerung in der Landwirtschaft, der Trinkwassergewinnung und der Elektrizitätserzeugung dienen.

An der Küste und im angrenzenden Hinterland herrscht mediterranes Klima mit heißen und sonnigen Sommern, in denen nur während Gewittern Niederschläge fallen. Die Winter sind mild und regnerisch, das Jahresmittel von 600 bis 900 mm fällt größtenteils in der Zeit von November bis März. Die West- und die Südküste haben ca. 3000 Sonnenstunden im Jahr, die Temperaturen in Antalya liegen daher im April bei 21 tex2html_wrap_inline2871 , im August und September bei 33 bis 35 tex2html_wrap_inline2871 und im November noch bei 22 tex2html_wrap_inline2871 Celsius [46].

Neben der Baumwolle wachsen in der Küstenregion der Türkei vor allem noch Oliven, Feigen, Zitrusfrüchte, Bananen, Tabak, Wein und Reis. Die natürliche Vegetation ist im Verlauf der Zeit immer mehr durch den Kulturanbau zurückgedrängt worden. Ehemals reiche Wälder aus Zedern, Tannen und Kiefer sind in der Geschichte der Türkei dem Schiffbau zum Opfer gefalllen. Die Flora in der Türkei ist artenreich, neben Land- und Meeresschildkröten gibt es noch viele Arten von Kleinwild in den abgelegenen Regionen der Osttürkei. Über siebzig Reptilien- und etwa dreißig Schlangenarten werden in der Türkei gezählt, Vögel und Insekten sind vielfältig vertreten.

Derzeit leben 56-57 Millionen Menschen in der Türkei, die Wachstumsrate beträgt mit 2,4 % fast soviel wie die in Entwicklungsländern. Die höchsten Zuwächse sind dabei in den ländlichen Regionen im Osten des Landes zu verzeichnen. Er ist infrastrukturell und industriell so gut wie unerschlossen, die meisten Industrieansiedlungen befinden sich in den Ballungsgebieten Istanbuls, Antalyas, Izmirs und der Küstenregionen. Die Analphabetenrate liegt in der Türkei bei 19 %, an der wiederum der schwach entwickelte Osten den größten Anteil hat. Der Schulbesuch ist teuer, die Schuldichte in den ländlichen Regionen sehr niedrig und Kinder im schulpflichtigen Alter werden oft als billige Arbeitskräfte in der Landwirtschaft eingesetzt. Für die Arbeit als Baumwollpflücker (s. Abb. gif) kommen Tagelöhner aus dem Ostteil des Landes in die Anbaugebiete und campieren für die Dauer der Ernte in der Nähe der Felder. Die Arbeiter, meistens Frauen und Mädchen (451), erhalten umgerechnet etwa DM 10,- für einen zwölfstündigen Arbeitstag (811). Davon bekommt in der Regel der Arbeitsvermittler noch eine Provision [46]. Da 39 % der Bevölkerung jünger als 15 Jahre sind, wird auch in Zukunft eine große Nachfrage nach Arbeitsplätzen bestehen. Wegen der im ländlichen Raum schon bestehenden Arbeitslosigkeit und dem nur schwachen Wirtschaftswachstum werden sich die wirtschaftlichen und sozialen Probleme (7212) weiter verschärfen. Eine Landflucht in Richtung der Ballungsgebiete hat schon eingesetzt.

 [Baumwollernte auf türkischem Feld]
Abbildung 4.1:  Pflückerin bei der Ernte  auf einem türkischen Feld mit biologisch angebauter Baumwolle. Quelle: Monica Dalmasso/Patagonia

Die Türkei ist ein ausgesprochenes Agrarland, 47 % der Bevölkerung (das sind 53 % der Erwerbstätigen) arbeiten in der Landwirtschaft. Historisch dominiert das selbständige Bauerntum in Kleinbetrieben, Dreiviertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche entfallen auf Betriebe mit weniger als 20 Hektar Land. Die Gründe hierfür sind die traditionelle Subsistenzwirtschaft (Eigenversorgung) und die immer noch praktizierte Real-Erbteilung [46].

Kleinbetriebe befinden sich heute in der Krise (531). Es wird nicht mehr für die Eigenversorgung produziert, sondern es hat eine Spezialisierung auf marktfähige Produkte stattgefunden. Von den Erlösen sollen nicht nur der Lebensunterhalt, sondern auch der Kauf von Konsumgütern bestritten werden. Wegen der geringen Erträge reichen die Erlöse aber nicht dafür aus, zumal die Lebenshaltungskosten steigen.

Die übliche landwirtschaftliche Produktion bewegt sich daher zwischen kleinen Subsistenz- und marktorientierten Mittelbetrieben. Die Unternehmensgröße hängt neben den jeweiligen Klima- und Bodenbeschaffenheiten der Region von dem Grad der Entwicklung und der Modernisierung (Mechanisierung, Düngereinsatz, etc.) ab.

Dem Charakter des Agrarlandes entsprechend, sind lediglich 19 % (1992) der Erwerbstätigen in der Industrie beschäftigt. Sie verteilen sich auf die traditionellen Kleinbetriebe, einige wenige staatliche Großbetriebe und viele private Mittelbetriebe. Hauptsächlich sind sie in der Konsumgüterindustrie angesiedelt. In der Struktur den Entwicklungsländern ähnlich, findet vor allem eine Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse statt. Die Kfz- und Maschinenbaubetriebe sind in hohem Maße von Teile-Importen aus dem Ausland abhängig. Wieder findet sich ein Gefälle von der Stadt zum Land, geographisch auch in West-Ost-Richtung von der Küste ins Hinterland beschreibbar. Die Produktion höherwertiger Konsumgüter der Textilindustrie findet in der Regel in dem Dreieck zwischen Istanbul, Antalya und Izmir statt [46].

An Bodenschätzen weist die Türkei vor allem Stein- und Braunkohle auf, die von kleinen privaten Anlagen im Tagebau gefördert werden. Sie wird fast ausschließlich zur Energieerzeugung verwendet, die sich bis vor kurzer Zeit noch hauptsächlich auf Holz und getrockneten Tiermist stützte. Das vorhandene Erdöl ist von minderer Qualität und die Vorkommen sind gering. Zur Deckung des Bedarfes müssen daher große Mengen Öl aus dem Ausland, vor allem dem Irak, importiert werden.

Außer der Braunkohle finden sich Solaranlagen allenfalls zur dezentralen Versorgung von touristischen Anlagen an der Küste [2]. Ein Hauptenergieträger ist mit 15-20 % die Wasserkraft geworden. Das bisher noch ungenutzte Potential an Wasserkraft hat norwegische Ausmaße.
 



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Kai Altenfelder

Sat Jul 11 00:38:57 MET DST 1998 Ranking-Hits