Abbildung 3.6: Blüte einer
Baumwollpflanze. Quelle: [33]
Ursprünglich wurde die Baumwolle von einem in den Tropen bis zu sechs Meter hoch wachsenden Baum gewonnen. In jüngerer Zeit wird die Baumwolle nur als einjährige Pflanze kultiviert, die ungefähr eineinhalb bis zwei Meter hoch wird. Ausnahmen finden sich vor allem in Peru und Nordbrasilien, wo noch bis zu 15 Jahre alte Baumwollpflanzen auf den Plantagen wachsen [12].
In den Blattachseln der handförmig geteilten oder gelappten Blätter sitzen eine oder mehrere kurzstielige Blüten. Ihre Farbe ist hellgelb mit rotem Grund, manchmal auch weiß, rötlich oder purpur. Die Bestäubung findet durch Insekten oder Verbreitung der Pollen durch den Wind statt. Nach der Blüte bilden sich drei bis fünf längliche Fruchtkapseln aus, die je 3-8 schwärzliche, eiförmige Samen von Erbsengröße besitzen.
Die Besonderheit der Samenschalen sind die Ausstülpungen der Epidermis, die später zu den langen Samenhaaren heranwachsen - der Baumwolle. Nach Beendigung ihres Längenwachstums sind die Haare 25-60 mm lang und beginnen sich durch weitere Zellwandablagerungen zu verdicken.
Abbildung 3.7: Baumwollpflanze mit
reifen Früchten. Samenhaare quellen aus den Fruchtkapseln hervor.
Quelle: [35]
Durch die äußeren Abmessungen der Primärwand ist eine Verdickung der Zellwand nur nach innen, unter Abnahme des Lumens, Lumen möglich. Die zellulosereiche Sekundärwand ist wesentlich fester als die Primärwand, da sie wesentlich mehr Gerüstsubstanz enthält und die steiferen Füllstoffe besitzt. Die gallertigen Pektine der Primärwand sind durch Hemizellulosen ersetzt, welche die Gerüstfibrillen relativ fest aneinander binden. Diese Sekundärwandbildung findet im Tagesrhythmus statt und läßt sich im Querschnitt nachweisen, ähnlich den Jahresringen bei Holzgewächsen. Tagsüber werden zellulosereiche und nachts zellulosearme Lamellen gebildet. Wird die Pflanze Dauerlicht ausgesetzt, unterbleibt die Lamellenbildung. In jeder Lamelle sind die Mikrofibrillen in einem charakteristischem Winkel zur Faserlängsache ausgerichtet. Die dadurch entstehende Schraubenstruktur verleiht der Faser neben der hohen Zugfestigkeit eine elastische Dehnung bis zu zwei Prozent. Je nach Sorte und äußeren Bedingungen können die Haare aus 20-30 dieser Lamellen bestehen [33].
Sobald die Samen reif sind, springen die Kapseln auf und es quellen zwischen 1200-7600 Einzelfasern von etwa 10-40 m Dicke aus jeder Kapsel hervor (s. Abb. ). Die Haare sterben ab, bleiben aber an der Fruchtkapselwand haften und werden erst beim Pflücken abgelöst.
Sie haben dann eine flache bandförmige Form mit unregelmäßigen Verwindungen und ein, sich über die ganze Faserlänge erstreckendes Lumen. Diese flache Form und die spiralartige Verdrehung der Faser sind die Gründe für die guten Spinneigenschaften der Baumwolle (s. a. Kap. ) [30]. Die Abbildung zeigt Baumwollhaare im Längsbild in einer Rasterelektronenmikroskop-(REM)-Aufnahme.
Die Oberflächenbeschaffenheit und der Querschnitt können in speziellen Behandlungsverfahren (z. B. Mercerisieren) verändert und den Anforderungen der Textilindustrie angepaßt werden.
Lange Fasern liefern sehr feine Spinnfäden und werden als ,, langstapelige`` Sorten bezeichnet. Die Einteilung der Sorten in Stapellänge erfolgt in
Es gibt besondere Züchtungen auf Langstapeligkeit, die bis zu 50 mm Faserlänge aufweisen. Diese Sorten sind vornehmlich aus Gossypium vitifolium hervorgegangen und liefern die berühmte ,,Sea-Island``-Baumwolle oder die sehr gefragte ägyptische ,,Mako``.Neben den langen Samenhaaren , auch Lint genannt , besitzen die Samen noch einen Flaum aus kurzen, nicht spinnbaren Haaren, dem Linters . Bei der Entkernung fallen, bezogen auf das Gewicht der Frucht , 60 % Samen, 35 % Lint und 5 % Linters an [33]. Die chemische Analyse des Lint ergibt folgende Zusammensetzung [28]:
Der hohe Zellulosegehalt spiegelt den auch in Abb. erkennbaren großen Anteil wider, den die Sekundärwand am gesamten Baumwollhaar hat. Anders als beim Hanf ist in dem Samenhaar keinerlei Lignin enthalten. Die Faser ist also nicht verholzt und schon von Natur aus weicher als die des Hanfes.Die Baumwolle ist die mit Abstand am meisten von Schädlingen befallene Kulturpflanze . Bis zu 50 % der Welternte werden jährlich durch Parasiten und Krankheiten vernichtet. Im konventionellen Baumwollanbau ist daher der Einsatz von Pestiziden nicht mehr wegzudenken. Je nach Größe der in Monokultur bewirtschafteten Felder und den in der Region vorherrschenden Schädlingen werden 20-25 Behandlungen pro Vegetationsperiode vorgenommen.
Den weltweit wertmäßig größten Schaden verursachen die Kapselraupen. Auf ägyptischen Feldern sind die Baumwollraupen gefürchtet, die vier Generationen während des sechsmonatigen Pflanzenwachstums ausbilden und mit bis zu sieben Spritzungen bekämpft werden. In Amerika hingegen sind die Kapselkäfer die größten Schädlinge und im tropischen Afrika sind es die Blattwanzen . Diese vier Schädlinge verursachen die meisten Ernteeinbußen , zusätzlich sind aber überall auch Blattläuse , Thrips , Rote Spinnen, Blattflöhe und Zikaden vertreten, um nur die wichtigsten zu nennen.
Zum Einsatz gegen die Insekten kommen heute vorwiegend Pestizide aus der Organophosphor-Klasse wie z. B. Parathion , Malathion , Amitraz , Diazinon, Quinalphos und andere [12].
Organophosphate werden als Kontakt-, Fraß- und Atemgifte mit systemischer systemische Wirkung und nicht-systemischer Wirkung eingesetzt. Hauptsächlich werden das Herz, die Lunge sowie der Magen-Darm-Trakt geschädigt. Die Toxizität beruht auf der irreversiblen Hemmung des Enzyms Acetylcholinesterase [36], welches im Nervensystem für die Reizweiterleitung verantwortlich ist. Aufgrund der Hemmung kommt es zu Übererregungen des Nervensystemes, (Atem-) Lähmungen und zur Überschwemmung des Körpers mit dem toxischen Acetylcholin [37]. Bei vielen Vertretern dieser Stoffklasse ist die akute Toxizität nicht sehr hoch. Jedoch haben fast alle Organophosphate ein großes Persistenzpotential, d. h. sie lagern sich im Körper an und werden dort angereichert. Im Boden werden sie nicht schnell abgebaut, wie lange Zeit vermutet wurde, sondern mehr oder weniger fest in Verbindungen abgelagert [38].
Bei dem derzeitigen massiven Gebrauch dieser Mittel ist die schon früher beobachtete Resistenzbildung der Schädlinge mittelfristig absehbar. Ihre Bekämpfung mit Organophosphaten wird dann unmöglich sein.