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Botanik der Baumwollpflanze

Die Baumwolle ist eine staudenförmige Gefäßpflanze  (Cormophyta aus der Abteilung der Samenpflanzen (Spermatophyta), Unterabteilung    Decksamer (Angiospermae) in der Klasse der Zweikeimblättrigen ( Dicotyledoneae)  , Ordnung der Malvengewächse (Malvales)  [29]. Es gibt mehrere Gossypium-Arten: Die heute benutzten Kultursorten sind durch Kreuzungen bzw. Züchtungen aus Gossypium herbaceum und Gossypium arboreum mit jeweils 26    Chromosomen sowie Gossypium hirsutum und Gossypium vitifolium    mit jeweils 52 Chromosomen   hervorgegangen [33].

 [Blüte einer Baumwollpflanze]
Abbildung 3.6:  Blüte einer Baumwollpflanze. Quelle: [33]

Ursprünglich wurde die Baumwolle von einem in den Tropen bis zu sechs Meter hoch wachsenden Baum gewonnen. In jüngerer Zeit wird die Baumwolle nur als einjährige   Pflanze kultiviert, die ungefähr eineinhalb bis zwei Meter hoch wird. Ausnahmen finden sich vor allem in Peru und Nordbrasilien,   wo noch bis zu 15 Jahre alte Baumwollpflanzen auf den Plantagen wachsen [12].

In den Blattachseln  der handförmig geteilten oder gelappten Blätter sitzen eine oder mehrere kurzstielige Blüten. Ihre Farbe ist hellgelb mit rotem Grund, manchmal auch weiß, rötlich oder purpur. Die Bestäubung  findet durch Insekten oder Verbreitung der Pollen  durch den Wind statt. Nach der Blüte bilden sich drei bis fünf längliche Fruchtkapseln  aus, die je 3-8 schwärzliche, eiförmige Samen  von Erbsengröße besitzen.

Die Besonderheit der Samenschalen  sind die Ausstülpungen der Epidermis,  die später zu den langen Samenhaaren  heranwachsen - der Baumwolle. Nach Beendigung ihres Längenwachstums  sind die Haare 25-60 mm lang und beginnen sich durch weitere Zellwandablagerungen  zu verdicken.

 [Baumwollpflanze mit reifen Früchten]
Abbildung 3.7:  Baumwollpflanze mit reifen Früchten. Samenhaare quellen aus den Fruchtkapseln hervor. Quelle: [35]

Durch die äußeren Abmessungen der Primärwand  ist eine Verdickung der Zellwand  nur nach innen, unter Abnahme des Lumens, Lumen möglich. Die zellulosereiche Sekundärwand  ist wesentlich fester als die Primärwand, da sie wesentlich mehr Gerüstsubstanz enthält und die steiferen Füllstoffe besitzt. Die gallertigen Pektine  der Primärwand sind durch Hemizellulosen  ersetzt, welche die Gerüstfibrillen relativ fest aneinander binden. Diese Sekundärwandbildung findet im Tagesrhythmus  statt und läßt sich im Querschnitt nachweisen, ähnlich den Jahresringen bei Holzgewächsen. Tagsüber werden zellulosereiche und nachts zellulosearme Lamellen  gebildet. Wird die Pflanze Dauerlicht ausgesetzt, unterbleibt die Lamellenbildung. In jeder Lamelle sind die Mikrofibrillen in einem charakteristischem Winkel zur Faserlängsache  ausgerichtet. Die dadurch entstehende Schraubenstruktur   verleiht der Faser neben der hohen Zugfestigkeit  eine elastische Dehnung  bis zu zwei Prozent. Je nach Sorte und äußeren Bedingungen können die Haare aus 20-30 dieser Lamellen bestehen [33].

Sobald die Samen reif sind, springen die Kapseln  auf und es quellen zwischen 1200-7600 Einzelfasern von etwa 10-40 tex2html_wrap_inline2883 m Dicke aus jeder Kapsel hervor (s. Abb. gif). Die Haare sterben ab, bleiben aber an der Fruchtkapselwand   haften und werden erst beim Pflücken abgelöst.

Sie haben dann eine flache bandförmige Form mit unregelmäßigen Verwindungen und ein, sich über die ganze Faserlänge  erstreckendes Lumen. Diese flache Form und die spiralartige Verdrehung der Faser sind die Gründe für die guten Spinneigenschaften   der Baumwolle (s. a. Kap. gif) [30]. Die Abbildung gif zeigt Baumwollhaare  im Längsbild in einer Rasterelektronenmikroskop-(REM)-Aufnahme.

Die Oberflächenbeschaffenheit  und der Querschnitt können in speziellen Behandlungsverfahren (z. B. Mercerisieren)  verändert und den Anforderungen der Textilindustrie  angepaßt werden.

Lange Fasern liefern sehr feine Spinnfäden  und werden als ,, langstapelige`` Sorten bezeichnet. Die Einteilung der Sorten in Stapellänge  erfolgt in

Es gibt besondere Züchtungen auf Langstapeligkeit, die bis zu 50 mm Faserlänge  aufweisen. Diese Sorten sind vornehmlich aus Gossypium vitifolium  hervorgegangen und liefern die berühmte ,,Sea-Island``-Baumwolle oder die sehr gefragte ägyptische ,,Mako``.

Neben den langen Samenhaaren , auch Lint genannt , besitzen die Samen noch einen Flaum aus kurzen, nicht spinnbaren Haaren, dem Linters . Bei der Entkernung  fallen, bezogen auf das Gewicht der Frucht , 60 % Samen, 35 % Lint und 5 % Linters an [33]. Die chemische Analyse des Lint ergibt folgende Zusammensetzung [28]:

Der hohe Zellulosegehalt spiegelt den auch in Abb. gif erkennbaren großen Anteil wider, den die Sekundärwand  am gesamten Baumwollhaar hat. Anders als beim Hanf ist in dem Samenhaar keinerlei Lignin  enthalten. Die Faser ist also nicht verholzt und schon von Natur aus weicher als die des Hanfes.

Die Baumwolle ist die mit Abstand am meisten von Schädlingen  befallene Kulturpflanze . Bis zu 50 % der Welternte  werden jährlich durch Parasiten  und Krankheiten  vernichtet. Im konventionellen Baumwollanbau  ist daher der Einsatz von Pestiziden  nicht mehr wegzudenken. Je nach Größe der in Monokultur  bewirtschafteten Felder und den in der Region vorherrschenden Schädlingen werden 20-25 Behandlungen pro Vegetationsperiode  vorgenommen.

Den weltweit wertmäßig größten Schaden verursachen die Kapselraupen.   Auf ägyptischen Feldern sind die Baumwollraupen  gefürchtet, die vier Generationen während des sechsmonatigen Pflanzenwachstums  ausbilden und mit bis zu sieben Spritzungen bekämpft werden. In Amerika hingegen sind die Kapselkäfer  die größten Schädlinge  und im tropischen Afrika sind es die Blattwanzen . Diese vier Schädlinge verursachen die meisten Ernteeinbußen , zusätzlich sind aber überall auch Blattläuse , Thrips , Rote Spinnen, Blattflöhe  und Zikaden  vertreten, um nur die wichtigsten zu nennen.

Zum Einsatz gegen die Insekten kommen heute vorwiegend Pestizide  aus der Organophosphor-Klasse   wie z. B. Parathion , Malathion , Amitraz , Diazinon,   Quinalphos  und andere [12].

Organophosphate werden als Kontakt-, Fraß- und Atemgifte mit systemischer systemische Wirkung und nicht-systemischer Wirkung eingesetzt. Hauptsächlich werden das Herz, die Lunge sowie der Magen-Darm-Trakt geschädigt. Die Toxizität beruht auf der irreversiblen Hemmung des Enzyms Acetylcholinesterase [36], welches im Nervensystem für die Reizweiterleitung verantwortlich ist. Aufgrund der Hemmung kommt es zu Übererregungen des Nervensystemes, (Atem-) Lähmungen und zur Überschwemmung des Körpers mit dem toxischen Acetylcholin [37]. Bei vielen Vertretern dieser Stoffklasse ist die akute Toxizität nicht sehr hoch. Jedoch haben fast alle Organophosphate ein großes Persistenzpotential, d. h. sie lagern sich im Körper an und werden dort angereichert. Im Boden werden sie nicht schnell abgebaut, wie lange Zeit vermutet wurde, sondern mehr oder weniger fest in Verbindungen abgelagert [38].

Bei dem derzeitigen massiven Gebrauch dieser Mittel ist die schon früher beobachtete Resistenzbildung  der Schädlinge mittelfristig absehbar. Ihre Bekämpfung mit Organophosphaten wird dann unmöglich sein.


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Kai Altenfelder

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