Hanf ist eine einjährige Pflanze, die lediglich einen Stengel ausbildet, der je nach Sorte und Standort bis zu fünf Meter hoch werden kann und mehr oder minder verzweigt ist [41].
Abbildung 3.9: Feld mit Hanf (Cannabis
sativa).
Rechts blühende männliche, links weibliche Pflanzen.
Quelle: [33]
Die Hanfpflanze ist diözisch (zweihäusig). Die männliche Pflanze (Femelhanf) ist schwächer entwickelt als die weibliche, hat eine kleinere Wuchshöhe und reift früher. Die weibliche Pflanze (Hanfhenne) ist überdies verzweigter und dichter belaubt als die männliche Form (s. Abb. ).
Häufig treten geschlechtliche Zwischenformen (Intersexe) auf, die erblich sind. Man kann dabei weibliche Wuchsformen mit weiblichen und männlichen Blüten (feminine Monözisten) bzw. mit ausschließlich männlichen Blüten (feminine Männchen) und männliche Wuchsformen mit weiblichen und männlichen Blüten (maskuline Monözisten) bzw. ausschließlich weiblichen Blüten (maskuline Weibchen) unterscheiden.
Im Hinblick auf eine Ernteerleichterung wurden Versuche unternommen, monözische Sorten zu züchten [42]. Diese reifen gleichzeitig und können zum selben Zeitpunkt geerntet werden. Der Faserertrag ist demzufolge höher.
Hanf hat eine 30-40 cm lange spindelförmige Pfahlwurzel , die stark verholzt ist. Von ihr zweigen zahlreiche, teils sehr kräftige Seitenwurzeln ab, die bis zu 200 cm lang werden können und je nach Bodenbeschaffenheit zwischen 115 und 200 cm tief ins Erdreich langen. Dieses Wurzelsystem erscheint stark ausgebildet, ist aber im Verhältnis zu Ausmaß und Schnellwüchsigkeit der oberirdischen Pflanzenteile relativ schwach entwickelt.
Der mit Haaren besetzte Stengel ist grün, hat eine eckige Form und verholzt im Alter. Je nach Saatdichte kann er zwischen 6 und 60 mm Durchmesser haben [41, 21].
Im Phloem (Siebteil) entstehen durch primäres Wachstum 15-35 Faserbündel , die in ein bis zwei Reihen das Xylem (Holzteil) komplett umschließen. Diese primären Faserbündel durchziehen den gesamten Sproß, während die später wachsenden sekundären Bündel nur bis zur Stengelmitte reichen (s. Abb. ).
Abbildung 3.10: Hanf. Querschnitte
durch den äußeren Teil des Stengels mit der faserhaltigen Rinde
in verschiedener Höhe. Von links nach rechts: 1 Stengelspitze, 2 oberes
Drittel, 3 Stengelmitte, 4 unteres Drittel, 5 Stengelbasis. Die dunkleren
Gruppen sind Bündel von Einzelfasern. Quelle: [41]
Die Einzelfasern haften innerhalb der Bündel ziemlich fest zusammen. Je nach Art und Methode des Faseraufschlusses können so hochwertige feine oder grobe, aber sehr feste Fasern gewonnen werden [41]. Der Ertrag an hochwertiger Faser ( 200 cm) hängt damit nur vom Anteil der Primärfaserbündel ab. Durch züchterische Maßnahmen wurde in den sechziger Jahren der Fasergehalt von Hanfpflanzen von 10 auf 40 % gesteigert. Heute verwendete Sorten haben im Durchschnitt einen Fasergehalt von 30 %, weisen aber hohe Hektarerträge auf.
Die Blätter der Hanfpflanze sind groß, handförmig geteilt und haben dunkelgrüne Ober- und blaßgrüne Unterseiten. Sie setzen sich aus 1-11, in der Regel 5-9 gezahnten, schmal lanzettförmigen Blattfingern zusammen, die auf beiden Seiten mit Drüsen und Haaren besetzt sind. Die Blütenstände sind klein und unscheinbar, weisen die Form von Trugdolden oder Rispen auf und sitzen in den Achseln der oberen Laubblätter.
Männliche Blüten bestehen aus nur fünf hängenden Staubblüten und ebenso vielen grünlichen Hüllblättern. Weibliche Blüten besitzen eine reduzierte Blütenhülle , die den oberständigen, durch zwei Fruchtblätter gebildeten Fruchtknoten am Grund becherartig umgibt. Sie werden, auch bei der Reife, von einem Tragblatt kapuzenartig locker umschlossen. Zwei lange Griffeläste ragen aus dem Tragblatt heraus. Die Bestäubung der Blüten erfolgt durch den Wind [41, 21].
Die als ,,Nuß`` bezeichnete, oberständige rundliche Schließfrucht enthält einen Samen. Die Nuß ist 2-6 mm lang und hat einen Durchmesser von 2-4 mm. Der tagneutral keimende Same besitzt einen hakenartig gekrümmten Embryo, der den größten Teil des Samen einnimmt.
Die gesamte Pflanze, mit Ausnahme der Samen und Wurzeln, ist mit Drüsen besetzt; besonders dicht auf der Unterseite der Tragblätter entlang der Blattadern und auf den Blättern im Bereich der Blütenstände . Die Drüsen sekretieren ein Harz , das zu 80-90 % aus Cannabinoiden sowie aus ätherischen Ölen, hochpolymeren Phenolen, Terpenen und Wachsen besteht. Zur Zeit sind etwa 60 verschiedene Cannbinoide bekannt, es werden aber ständig weitere entdeckt. Den größten Anteil haben Cannabidiol (CBD) und Cannabinol (CBN), wobei das CBD pharmakologisch genutzt wird. Die psychoaktiven Cannabinoide des Hanfes stammen aus der Gruppe der Tetrahydrocannabinole (THC).
Hüllblätter enthalten besonders viel Cannabinoide, während Samen und Fasern frei davon sind [21, 41]. Samen- und Faserhanf enthalten nur geringe Mengen THC, weshalb ihr Anbau in der EG (in der BRD seit dem Jahresanfang, Pressemitteilung des BML vom 02.01.96) gestattet ist. Diese Sorten dürfen im oberen Blattdrittel einen THC-Gehalt von 0,3 % nicht überschreiten. (Wie eine Untersuchung des Kölner KATALYSE-Institutes ergab, ist auch bei Konsum großer Mengen solchen Hanfes keine Rauschwirkung zu erwarten [21].)
Es werden drei in THC- und CBD-Gehalten varierende Phänotypen unterschieden (s. Tab. ). Faser- und Samenhanf haben nach dieser Aufstellung einen niedrigen THC- und einen höheren CBD-Gehalt als Drogenhanf . CBD wirkt als psychischer Antagonist zum THC und schwächt dessen Wirkung ab bzw. hebt sie völlig auf [21].
Tabelle 3.5: Nach Cannabinoid-Gehalt
unterschiedene Phänotypen des Hanfes.
Quelle: [21]
Eine Analyse von etwa 100 Hanfsorten aller drei Phänotypen ergab bei über 60 Sorten einen THC-Gehalt von unter 0,3 % (zwischen 0,06 und 0,1 %) und bei Nichtdrogenhanf-Sorten ein THC/CBD-Verhältnis von 1:5. Die bei Drogenhanf üblichen THC-Gehalte liegen zwischen 1,5 und 8 % und das THC/CBD-Verhältnis bei 2:1. Schon bei Jungpflanzen ist mit einfachen analytischen Mitteln eine Unterscheidung des Phänotypus aufgrund von THC-Messungen möglich.
Die Früchte des Hanfes sind eine wichtige Quelle für die Gewinnung pflanzlicher Öle . Sie enthalten 29 % fette Öle, 13 % Eiweiß und 17 % Kohlenhydrate und können daher ein gutes Speiseöl liefern. Mit einem Anteil von 46-70 % an der hochungesättigten und für den Menschen essentiellen Linolsäure ist es biologisch besonders wertvoll. Es wird durch Zerkleinern und Pressen der Früchte gewonnen und in China, Teilen der GUS und südlichen Ländern direkt als Speiseöl genutzt. Der verbleibende Preßkuchen wird als Futtermittel in der Schweinemast eingesetzt [41].