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Umweltbelastungen bei der Produktion

,,Die Textilindustrie ist der zweitgrößte Umweltverschmutzer  der Welt`` gif. Diese Aussage verwundert nicht, wenn man allein die Produktion von Baumwolle in den typischen Anbaugebieten betrachtet . Die Pflanzen  benötigen bis zur Reife gewaltige Wassermengen,   dessen unkontrollierte Entnahme die Grundwasserspiegel  sinken läßt und zur Versalzung  der Böden führtgif.

Um den Fuhrpark wirtschaftlich nutzen zu können, werden Felder von riesiger Größe in Monokulturen  angelegt. Dadurch ist der Befall mit Schädlingen  vorprogrammiert, der den intensiven Einsatz von Pestiziden  nach sich zieht. Diese Chemikalien wirken nicht selektiv, sondern schädigen auch Nützlinge . Ferner werden beim Umgang mit toxischen Stoffen in aller Regel grundlegende Sicherheitsvorkehrungen nicht beachtet, sodaß es immer wieder zu Arbeitsunfällen  durch Vergiftungen  kommt.

Bei der anschließenden Textilerzeugung  kommen eine Reihe von Hilfsstoffen  zum Einsatz, die die Fasern für die maschinelle Verarbeitung   vorbereiten sollen. Schmälzen  und Schlichten  machen die Faser glatter und verringern die Reibung auf den Spinnmaschinen   bzw. Webstühlen . Dies führt zu weniger Fadenrissen  und erhöht die Lebensdauer  der beweglichen Teilen der Maschinengif. Nach dem Verspinnen oder Weben müssen diese Schmälzen wieder aus dem Garn  entfernt werden, bevor die Textilveredler  es weiterverarbeiten können. Dazu werden die Fette und Öle mit Entschlichtemitteln aus dem Garn ausgewaschen und gehen in das Abwasser  über, das danach erhebliche Kohlenwasserstoffrachten  aufweist und somit dessen BSB/CSB-Gehalt   drastisch erhöht. Durch den Spinnprozeß wird feiner Faserstaub erzeugt, der Ursache für Berufskrankheiten ist (Baumwollstaublunge).

In der Textilveredlung werden die Gewebe den Anforderungen von Designern, Modeschöpfern und Verbrauchern gemäß vorbereitet. Dies umfaßt die Bleiche , Knitter- und Krumpfverbesserung,  griffgebende Behandlung, Antielektrostatika,  schmutzabweisende Ausrüstung , Phobiermittel Filzfreiausrüstung, Glanz- oder Mattierungsbehandlung, Flammschutz , antimikrobielle und Fraßschutzausrüstung    und vieles andere mehr.

Der deutsche Textilhilfsmittelkatalog  enthält ungefähr 8000 verschiedene Produkte, die aus (geschätzt) 400 bis 600 Einzelstoffen bestehen [11]. Ein Universalausrüster in der Textilindustrie verwendet durchschnittlich 300 bis 400 dieser Produkte [9]. Im Jahr 1991 wurden nur in Deutschland  203.300 Tonnen dieser Hilfsmittel  produziert und verkauft, von denen 85.000 Tonnen auf die reine Textilveredlung und 31.000 Tonnen auf Textilerzeugung (Spulöle etc.) und auf die Schlichtemittel   entfielen. Der gesamte Wert dieser Produkte wird mit ca. 1 Mrd. DM beziffert [8].

Problematisch ist dies in Produktionsstätten, die keinen Umweltschutzauflagen   unterliegen und die Anwendung  in umweltoffenen Verfahren  erfolgt. Meistens findet dort auch keine Form der Abwasserbehandlung  statt, so daß die Chemikalien mit dem Prozeßwasser  in Oberflächengewässer  eingeleitet werden. Solche Produktionsanlagen  liegen überwiegend in Entwicklungs- und Schwellenländern (die Begriffe werden hier in der üblichen, aber problematischen Sprachregelung verwendet)  , in denen Arbeits- und Umweltschutzmaßnahmen   kaum Beachtung finden [12]. Wenn dort produzierte Kleidung auf dem deutschen Markt verkauft werden soll und dementsprechende Schadstoffüberprüfungen bestehen muß, wird häufig die Ware einige Male vorgewaschen, so daß die Grenzwerte  erreicht werden. Die Problematik wird lediglich verlagert und nicht beseitigt.

Generell ist die Veredlung von Textilien ein Industriezweig mit hohem Wasser- und Energiebedarf   und großem Abfallausstoß .  Die benötigte Wassergüte  liegt teilweise über der von Trinkwasser, die verbrauchte Menge steigt von Garnveredlung (60 - 160 l/kg)  über Maschenveredlung  (150 - 230 l/kg) bis zur Gewebeveredlung  (200 - 350 l/kg) stetig an. Für Naturfasern werden zwischen 10 und 20 MJ Energie je Kilogramm behandelter Ware eingesetzt. Je nach den Anteilen der dafür eingesetzten fossilen Energieträgern, ergibt sich dabei ein CO tex2html_wrap_inline2867 -Ausstoß von 0,7 bis 1,3 kg je Kilogramm Textil [13]. Chemiefasern benötigen in diesem Prozeßschritt nur 5 bis 10 MJ/kg, weil den Fasern Farbe und Form schon bei der Erzeugung gegeben werden. Zahlenmaterial des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahre 1987 geben den Klärschlammanfall  aus Betrieben der Textilveredlung  mit 12.000 Tonnen pro Jahr an [11]. Dieser Schlamm ist hoch mit Schwermetallen  und toxischen Chemikalien angereichert und muß als Sondermüll  deponiert oder verbrannt werden [9].

Bei der Konfektionierung  der Textilien kommen Einlagestoffe  zum Einsatz, die entweder aus synthetischen Fasern oder aus chlor-gebleichten Naturfasern bestehen. Häufig sind Nähgarne, Wattierungen  und Füllstoffe  ebenfalls nicht aus natürlichen Materialien . Sie haben jedoch prozentual einen so niedrigen Anteil am Gesamtprodukt, daß sie gemäß dem Textilkennzeichnungsgesetz (TKG)  nicht speziell angegeben werden müssen. Ein Etikett mit dem Aufdruck ,,100 % Baumwolle`` kann daher irreführend sein. Die Verbraucher kennen die Definition nach dem TKG nicht und verlassen sich auf die Angabe [9].

Knöpfe und Reißverschlüsse   bestehen vielfach aus galvanisiertem Metall , bei deren Herstellung metallsalzhaltige Abwässer  enstehen. Ebenso wie nickelhaltiges Metall  kann es beim späteren Tragen der Kleidung zu Allergien  führen (s. folg. Kap.) [14]. Die beim Zuschnitt der Stoffe anfallenden Reste werden in den wenigsten Fällen verwertet und gelangen meistens in den Abfall.

Aus Kostengründen findet die passive Lohnveredlungpassive Lohnveredlung im  ost- oder südeuropäischen Ausland statt. Dort sind Lohnkosten noch niedrig und die Produktion wird nicht durch Arbeits- und Umweltschutzauflagen   verteuert. Natürlich wird der Aufwand für den Transport der Textilien dadurch erhöht.

Der Handel  und Vertrieb  der Kleidung findet in der Regel in aufwendigen Verpackungen  statt, die über die reine Zweckmäßigkeit hinaus verkaufsfördernder Blickfang sind. Verpackungen aller Art machen volumenmäßig 50 % des zur Zeit anfallenden Haus- und Gewerbemülls aus.   Erst seit Inkrafttreten der Verpackungsverordnung  (Juni 1991), die eine stoffliche Verwertung  von Um- und Verkaufsverpackungen  fordert, ist hier ein Wandel eingetreten. Allerdings ist die für die Sammlung und Verwertung dieser Verpackungen gegründete ,,Duale System Deutschland GmbH`` (DSD)   in der jüngeren Vergangenheit oft in die Schlagzeilen geraten. Verpackungsmüll,  der eigentlich von der DSD hätte verarbeitet werden müssen, ist auf auf Deponien  im Ausland gefunden worden. Die DSD hat seit ihrer Gründung ständige Kapazitätsprobleme. Gerade Kunststoffverpackungen  lassen sich laut Aussage des Gesamtverbandes der Kunststoffverarbeitenden Industrie weder ökologisch noch ökonomisch recyceln,  sondern müssen thermisch verwertet  (verbrannt) werden [15]. Einziger Vorteil der Verpackungsverordnung ist lediglich das durch sie angeregte Nachdenken über die Verpackungen.

Die internationalen Verflechtungen  von Betrieben der textilen Kette führt zu einem immensen Transportaufkommen  zwischen Primärproduzenten , Veredlern, Konfektionären  und Handel . Wegen der Schnelligkeit der Mode wird dieser Transport mit Flugzeugen oder Lastkraftwagen vorgenommen, die, bezogen auf das Warengewicht, einen hohen Schadstoffausstoß  haben.


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Kai Altenfelder
Sat Jul 11 00:38:57 MET DST 1998
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