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Ökologische und toxikologische Aspekte

Der Energieaufwand (111) in der gesamten Produktlinie des Hanfbekleidung, von der Rohfaserproduktion bis zum Eintreffen im Handel, beträgt 46,95 MJ/kg. Die Produktion der Baumwollkleidung bringt es dagegen auf 74,05 MJ/kg. Erklärbar ist dies zum einen durch den höheren Mechanisierungsgrad in der Türkei. Das Verspinnen der Baumwollfasern erfolgt auf Hochleistungsmaschinen, während in China auf veralteten Spinnmaschinen und Webstühlen gearbeitet wird. Zum anderen ist der Aufwand zur Bewässerung der Baumwollfelder wesentlich höher. Daher fällt auch der mehr als doppelt so hohe Energieaufwand für den Transport der Hanfkleidung nicht ins Gewicht. Trotzdem ist der weite Weg, den die Hanftextilien zurücklegen, als ökologisch negativ zu bewerten. Eine Produktion von Textilien aus lokal angebauten Fasern, die in deutschen Unternehmen verarbeitet würden, könnte die Energieaufwendungen für Transporte deutlich senken.

Ein viel größeres Einsparpotential liegt allerdings in der Gebrauchsphase. Die Wasch- und Pflegegewohnheiten der Verbraucher müßten sich dahingehend ändern, daß Kleidung nur nach Bedarf gewaschen wird und nicht, weil sie eine bestimmte Anzahl von Tagen getragen wurde. Aus hygienischer Sicht würde dies keinen Rückschritt oder gar eine epidemiologische Gefahr bedeuten. Ökologisch ließe sich der Energieverbrauch zum Reinigen von Kleidung halbieren oder sogar auf ein Drittel des jetzigen Standes senken [13].

Die Verbrauchsmenge von Rohstoffen (1211) für die Energieerzeugung ergibt sich aus dem Wirkungsgrad der Kraftwerke. Dieser wird neben der Effizienz der Wärmetauscher in hohem Maße durch die Heizwerte der verwendeten Braunkohle bestimmt. Je nach Herkunftsgebiet liegen die Heizwerte für türkische Kohle zwischen 6,2 und 18,1 MJ/kg und die für polnische Kohle bei 8,0 bis 8,8 MJ/kg [53]. Erfreulicherweise wird in der Türkei zu einem recht hohen Anteil Strom aus Wasserkraft erzeugt.

Was die Ertragsmenge (121) der beiden verglichenen Pflanzen angeht, hat der Hanf zwar einen sehr viel höheren Ertrag an Trockenmasse, doch ist nur ein geringer Teil davon für die Textilnutzung zu verwenden. Dafür sind die nutzbaren Kuppelprodukte beim Anbau von Hanf vielfältiger und wertvoller als die der Baumwolle.

Der Flächenentzug (131) bei der Entsorgung von Alttextilien ist problematisch. Die zur Verfügung stehende Deponiefläche wird dringender für die Ablagerung von Sonderabfällen benötigt. Abhilfe wird hier nur eine Reduzierung des Abfallstromes bringen, da auch die bestehenden Müllverbrennungsanlagen nicht ausreichende Kapazitäten habengif.

Bei der Rohfaserproduktion des Hanfes wird eine erhebliche Menge Kunstdüngergif eingesetzt, die den Sinn eines Anbaus wirtschaftlich gesehen in Frage stellen. Abgesehen von den Aufwendungen für dessen Produktion und Transport ist die Nutzung mit großen gesundheitlichen Risiken für die Arbeiter verbunden. Ein kontrolliert biologischer Anbau (133) könnte hier Abhilfe schaffen, zumal die Faserqualität sich mit einer Düngerreduzierung noch verbessern ließe.

Zum Wachstum der Hanfpflanzen ist wesentlich weniger Wasser (141) als im Baumwollanbau erforderlich. Die Produktion und Veredlung des Hanfgewebes benötigt ebenfalls weit weniger Wasser. Unter der Annahme, daß die Hanfbekleidung weniger oft als solche aus Baumwolle gewaschen werden muß, wird auch in der Gebrauchsphase weniger Wasser verbraucht. In Anbetracht der jetzt schon vorkommenden Versalzung von Seen in der Türkei ist der hohe Wasserbedarf im Baumwollanbau als sehr negativ zu bewerten.

Sehr problematisch ist dagegen die praktizierte Wasserröste im Hanfaufschluß. Die hohen organischen Belastungen der Gewässer (142) können besonders in heißen Sommern zur Sauerstoffzehrung und damit zu deren Umkippen führen. Ebenso nachteilig ist das ungeklärte Versickern der Abwässer aus Textilproduktion und -veredlung. Neben der Belastung des Bodens ist dadurch das Grundwasser des betreffenden Gebietes nachhaltig gefährdet. Eine andere Gefahrenquelle sind die Ölverschmutzungen der Meere durch den langen Schiffstransport, insbesondere wegen der immer noch vorkommenden Reinigung von Bilgen und anderer Behälter auf hoher See.

Während im Hanfanbau nur das Stroh auf den Feldern verbrannt wird und ansonsten alle Pflanzenbestandteile genutzt werden (1511), ist bei der Baumwolle ein höheres Abfallaufkommen (151) zu verzeichnen.

Ein generelles Problem ist die ungeheure Masse an Alttextilien, die zu entsorgen sind. Hier muß langfristig ein Umdenken beim Verbraucher stattfinden, daß zu einer Längerlebigkeit der Bekleidung führt und damit die Stoffströme reduziert.

Im Handel ist der Anfall an Plastikfolie zu nennen, mit der die Kleidung zu Schutzzwecken umhüllt ist. Diese Folie besteht hauptsächlich aus leicht entsorgbarem Polyethylen. Die anfallenden Mengen ließen sich zusammen mit einer Reduzierung des kompletten Stoffstromes leicht verkleinern. Nur am Rande hat ein weiteres Abfallproblem im Handel mit der eigentlichen Produktlinie zu tun: Die Vielzahl von verschiedenen Kunststoffbügeln, die alle andere Formen haben und aus unterschiedlichen Materialien hergestellt sind, machen deren sachgerechte Entsorgung schwierig bis unmöglich. Hier würde die Einführung eines einheitlichen Bügeltyps hinsichtlich der Entsorgbarkeit einen großen Fortschritt bedeuten. Darüber hinaus würde ein ,,Einheitsbügel``, mit dem Unternehmenslabel versehen, in der Promotion nützlich sein.

Durch die unterschiedlich langen Transportwege ergeben sich für beide Produktlinien voneinander abweichende Immissions- (211) und Emissionswerte (221 - 222). Aus diesem Grund ist auch die Wirkung auf Lebensräume (331) unterschiedlich. Besonders wegen des starken Düngereinsatzes im Hanfanbau ist dort mit einer erhöhten Distickoxid-Emission zu rechnen. Inwieweit dies bei Düngung mit tierischen Düngern auch eintritt, war nicht zu ermitteln.

Ebenfalls unbekannten Ausmaßes sind die Emissionen durch Abbauvorgänge von verworfener Kleidung auf unzureichend abgedichteten Deponien.

Die Wirkung auf Nutz- und Wildpflanzen (3111, 3112) ist bei den beiden Produktlinien unterschiedlich: Baumwolle wächst relativ langsam, so daß andere, wild wachsende Pflanzen auf den Feldern entfernt werden müssen, damit sie der Baumwolle nicht Licht und Nahrung nehmen. Wegen der Selbstunverträglichkeit der Baumwolle kommt es zu Ertragsdepressionen und Bodenerosion (134). Eine Fruchtfolge wird notwendig, um den Boden zu regenerieren. Hanf ist so schnellwüchsig, daß er anderen Pflanzen unter sich das Licht nimmt und auf diese Weise Konkurrenten verdrängt. Hanf wirkt auf eine Fruchtfolge bereichernd und bereitet den Boden für nachfolgende Nutzpflanzen vor.

Aufgrund der hohen Düngergaben im Hanfanbau sind die Schadstoffbelastungen (441) für die Farmer potentiell höher als im Baumwollanbau. Es sollte unbedingt verifiziert werden, ob wirklich die unglaublich große Menge von einer Tonne Kunstdünger pro Hektar auf den chinesischen Feldern ausgebracht wird. Leider hat der Verfasser des Berichtes [51] bisher nicht auf eine diesbezügliche Anfrage geantwortet.


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Kai Altenfelder
Sat Jul 11 00:38:57 MET DST 1998
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