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Einleitung und Problemstellung

Die Erde ist ein geschlossenes System, dem nur von außen Energie zugeführt wird. Stoffströme  sind begrenzt oder in einem Kreislauf  eingebunden. Bei den meisten menschlichen Aktivitäten werden Ressourcen  verbraucht oder in eine Form umgewandelt, in der sie nicht mehr nutzbar sind. Allein die Entropie  nimmt ständig zu.

Seit dem Beginn der Industrialisierung  in der Mitte des vorigen Jahrhunderts ist der Kohlendioxidgehalt  (CO tex2html_wrap_inline2867 ) in der Luft stetig gestiegen [1]. Er stammt aus der Verbrennung fossiler Energieträger   und ruft zusammen mit anderen Gasen (Methan, Halogenwasserstoffe, Stickoxide etc.)    den Treibhauseffekt  hervor. Diese Energieträger sind endlich und werden bei unveränderter Nutzung nur noch knapp 50 Jahre reichen [2].

Vor diesem Hintergrund beginnen die Menschen, sich Gedanken über die Gestaltung der künftigen technischen Entwicklung zu machen. Auf der einen Seite sind die Ressourcen des Planeten und seine Aufnahmekapazität für Emissionen aus anthropogenen Prozessen  begrenzt. Auf der anderen Seite stehen die Bedürfnisse einer ständig wachsenden Menschheit nach Ernährung und Kleidung, nach Wärme, Mobilität  und Konsum, die alle befriedigt werden wollen. Den heute erreichten Lebensstandard zu verringern und auf die damit verbundenen Annehmlichkeiten zu verzichten, wird niemand ernsthaft wollen. Der Ausstieg aus der Technikgesellschaft  ist daher sicher keine Lösung, zumal er das Ende der bisherigen Gesellschaftsform bedeuten würde. Trotzdem kann die weitere technische Entwicklung in der Zukunft nicht wie bisher ablaufen.

Einen Lösungsansatz bietet das Prinzip des nachhaltigen Wirtschaftens (sustainable developement)  . Es beinhaltet, Energie und Ressourcen für heutige Produktionen und Verfahren nur in dem Maße zu nutzen, daß sie nachfolgende Generationen  ebenfalls zur Verfügung stehen. Das nachhaltige Wirtschaften ist quasi als ökonomisches Prinzip  zu verstehen, bei dem der Handelnde die Knappheit der Ressourcen nicht nur für sich, sondern auch für seine Nachkommen berücksichtigtgif.

Ein Aspekt des nachhaltigen Wirtschaftens ist die Nutzung von nachwachsenden pflanzlichen Rohstoffen. Sie produzieren in dem Mechanismus der Photosynthese  Biomasse  aus Kohlendioxid  und der Sonnenenergie. Ihre Nutzungsmöglichkeiten für den Menschen sind vielfältig: Neben Nahrung, Energieträgern und Baustoffen bieten Pflanzen auch die Möglichkeit, Fasern aus ihnen zu gewinnen, um daraus Bekleidung herzustellen. Bei allen Nutzungen wird nicht mehr CO tex2html_wrap_inline2867 in die Atmosphäre freigesetzt, als die Pflanze während ihres Wachstums aus der Luft aufgenommen hat.

Für viele Bereiche muß nun geklärt werden, in welchem Maße bisher genutzte Produkte sich aus pflanzlichen Rohstoffen herstellen lassen. Die Anforderungen an die jetzigen Produkte sollen auch von den künftigen erfüllt werden. Weiter ist zu klären, ob die Kapazitäten zur Deckung des Bedarfes sich überhaupt aus Pflanzen gewinnen lassen. Schließlich darf die neue Produktionsweise nicht energetisch aufwendiger oder umweltbelastender als die zu ersetzende sein -- damit wäre nichts gewonnen.

Für die Herstellung von Kleidung sind Pflanzenfasern schon seit mehreren tausend Jahren Grundstoff (Baumwolle, Leinen, Hanf, etc.). Ihre Verwendbarkeit für Alltagskleidung steht daher außer Frage.

In dem speziellen Sektor der Freizeit- und Outdoorkleidung sind aber synthetische Fasern vorherrschend. Vielfach lassen sie sich durch pflanzliche Fasern nicht ersetzen, weil diese nicht die geforderten Eigenschaften besitzen (wasserdicht aber wasserdampfdurchlässig, winddicht, scheuerbeständig, leicht, kleines Packmaß, etc.). Einige Kleidungsstücke für Outdoorzwecke sind allerdings denen des Alltagsbereiches sehr ähnlich und unterscheiden sich nur in ihrem robusteren Erscheinungsbild und der stärkeren Materialqualität.

Ein Beispiel dafür ist die sogenannte ,,Trekkingbekleidung`` (engl.: to trek = to make a long hard journey). Sie ist für längere (Rucksack-) Wanderungen in unwegsamen Gelände konzipiert. Wegen der besonderen Umstände der Benutzung muß die Kleidung robust und verschleißfest sein, Schweiß gut aufnehmen und wieder abgeben, generell schnell trocknen, ein niedriges Anschmutzungsverhalten aufweisen und auch unterwegs leicht zu reinigen sein. In der Mehrheit wird für diese Zwecke ein Mischgewebe aus Baumwolle und Polyester benutzt, welches die genannten Anforderungen erfüllt. Wenige Hersteller verwenden ausschließlich Baumwolle.

Das Hamburger Handelsunternehmen Globetrotter Ausrüstungen GmbH hat eine große Auswahl dieser Bekleidungen im Sortiment. Neben den beiden genannten Produktlinien aus Mischgewebe und Baumwolle ist seit 1995 versuchsweise eine Linie aus Hanffasern in das Programm aufgenommen worden.

In der folgenden Untersuchung soll geklärt werden, welche Rolle Hanf als Bekleidungsmaterial für den Outdoorbereich spielen kann, wenn die Produkte im Hinblick auf ein nachhaltiges Wirtschaften nach ökologischen Kriterien hergestellt werden sollen. Dazu wird zunächst das Bedürfnisfeld Bekleidung hinsichtlich der Anforderungen an die Kleidung und der Probleme bei der konventionellen Produktion untersucht. Anschließend wird der Werdegang eines Kleidungsstückes aus Hanf von der Rohfaserproduktion bis zur Entsorgung verfolgt und mit einem entsprechenden Stück aus Baumwolle verglichen. Der Rohstoff für das Baumwollkleidungsstück stammt aus kontrolliert biologischem Anbau und wird nach ökologischen Kriterien verarbeitet. Diese Produktlinie stellt eine Referenz dar und markiert den Stand der Technik in der Produktion von Ökotextilien.

Die Arbeit untersucht u. a. die Stoff- und Energieströme, die bei der Fertigung und dem Gebrauch von Bekleidung anfallen. Dazu bietet sich die Produktlinienanalyse an. Sie beleuchtet ein Produkt in allen Phasen dessen Lebens und bewertet die einzelnen Stufen hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Natur, die Wirtschaft und die Gesellschaft.


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Kai Altenfelder
Sat Jul 11 00:38:57 MET DST 1998
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