SSTV mit Linux


Dipl.-Ing. Kai Altenfelder, DL3LBA


Wenn für einen Windows-Benutzer bislang das Fehlen eines SSTV-Programmes Argument für den Nicht-Umstieg auf Linux war, dann ist diese »Ausrede« mit qsstv von ON1MH hinfällig geworden. Das Programm nutzt die Soundkarte im Computer für den Empfang und das Aussenden von Bildern per Slow Scan Television.


Dabei ist kein spezieller Treiber für die jeweilige Soundkarte vonnöten, qsstv nutzt die im Linux System konfigurierte Karte über den Standard Gerätetreiber /dev/dsp. Getestet wurde das Programm auf den Soundkarten vom Typ Soundblaster (und kompatible), GUS Max und ES1371. Generell sollte es aber mit jeder von Linux unterstützen Soundkarte zusammen funktionieren. An Empfangsmodi bietet qsstv Martin 1 und 2, Scottie 1 und 2, Wraase SC2 180 sowie Robot36. Sendeseitig sind bislang Martin 1 und 2 verfügbar.


Das Programm wird, wie bei Linux- bzw. Unixsoftware üblich, als Quellcode im tar-Archiv auf der Homepage von ON1MH [1] angeboten. Auf den schon im letzten Artikel genannten Websites »Filewatcher« [2] und »Linux Hamsoft Database« [3] wird ebenfalls auf seine Seite verwiesen sowie teilweise auf Links der großen Linux Distributoren, die qsstv bereits fertig kompiliert als Paket anbieten. Wer sich die Software selber übersetzen will, braucht lediglich der Anleitung auf der Webseite des Programmautoren zu folgen, Probleme treten dabei in der Regel nicht auf. Im folgenden wird davon ausgegangen, daß das Programm bereits fertig kompiliert und installiert ist.



Nach dem Start des Programmes im X Window System öffnen sich zwei Fenster, eines für den Empfang und eines zum Senden der Bilder. Wurde qsstv zum ersten Mal gestartet, legt es eine Konfigurationsdatei qsstv.conf im aktuellen Verzeichnis an, die man später manuell in das Heimatverzeichnis des Benutzers kopieren kann. Das Programm sucht beim Start immer zuerst im aktuellen Verzeichnis nach dieser Konfigurationsdatei und erst, wenn es dort keine entsprechende Datei findet, im Benutzerverzeichnis.


Das Empfangsfenster enthält neben den Bedienungsknöpfen auch ein Auswahlmenü, das die Punkte »File«, »Debug«, »Options« und »Help« beinhaltet. Unter »File« finden sich die von anderen Programmen bekannten Menüeinträge wie das Öffen einer Datei und das Beenden des Programmes. Zusätzlich hat der qsstv-Anwender hier die Möglichkeit, einen empfangenen Audiorohdatenstrom in eine Datei zu schreiben und umgekehrt den Inhalt einer Audiodatei auszusenden.


Bevor der SSTV-Betrieb losgehen kann, müssen im »Options«-Menü die Einträge überprüft und angepaßt werden. Unter »Options« findet sich lediglich dieser eine Unterpunkt, so daß darüber keine Verwirrung entstehen wird. Einmal angeklickt, öffnet sich ein drittes Fenster mit den Konfiguationsoptionen.



Zunächst sind die Pfade für Sende- bzw. Empfangsverzeichnisse einzugeben. Diese Verzeichnisse müssen schon existieren bzw. hinterher manuell angelegt werden, da sie qsstv nicht eigenständig erzeugt. Dies sind die Pfade, in die qsstv automatisch springt, wenn empfangene oder auszusendende Bilder in Dateien gespeichert werden sollen.


Ebenfalls anzupassen ist der Name der Gerätedatei für die seriellen Schnittstelle, über die die PTT des Transceivers gesteuert werden soll: Für die erste serielle Schnittstelle (COM1 unter DOS) ist /dev/ttyS0, für die zweite Schnittstelle (COM2) /dev/ttyS1 einzutragen. Da jede Soundkarte eine geringe Abweichung von der Taktfrequenz aufweist, muß diese im Betrieb leicht korrigiert werden. Liegt die Arbeitsfrequenz z.B. leicht zu hoch, wäre 8001.25 Hz einzutragen. Diese Einstellung kann auch im laufenden Betrieb mit einem Schieberegler im Empfangsfenster verändert werden.


Am oberen Ende des Konfigurationsfensters befinden sich vier Knöpfe, die das Standardverhalten von qsstv beeinflussen: »Use Viscode« legt fest, ob das Programm auf die Übertragung des VIS-Codes vor der Dekodierung des Bildes wartet. Der VIS-Code wird vor dem Bild übertragen, um den SSTV-Mode festzulegen. »Use Sync« veranlaßt das Programm, ständig die Synchronisierungspulse zu verfolgen anstatt auf vier Pulse zu warten und danach weiterzulaufen. Der »Banner«-Knopf bestimmt, ob bei jedem Bild ein Banner vorangeschickt wird. Sinngemäß schaltet »Timestamp« die Übertragung von Datum und Zeit ein.


In den sechs Feldern am unteren Fensterrand können die Namen von Bilddateien eingetragen werden, die im Sendeverzeichnis liegen und als sogenannte »Thumbnails« später im Sendefenster angezeigt werden. Diese können dann durch einen Doppelklick in das Sendefenster übertragen werden, ohne vorher in einem Dateibrowser langwierig ausgesucht werden zu müssen. Sind alle Variablen wunschgemäß belegt worden, schließt ein Klick auf den »Ok«-Knopf und läßt dafür ein weiteres Fenster erscheinen, in dem entweder das Speichern der vorgenommen Änderungen bestätigt oder verworfen werden kann.


Das »Help«-Menü ist nicht so hilfreich, wie der Name hoffen läßt. Es finden sich dort lediglich zwei Einträge über Namen und Adresse des Programmautoren sowie allgemeine Hinweise über das zur Programmierung verwendete Toolkit Qt.


Als letzter Punkt bleibt »Debug« im Auswahlmenü. Diese Optionen sind für den normalen Betrieb nicht wichtig und sollen hier nur der Vollständigkeit halber genannt sein. Damit läßt sich ein empfangener Datenstrom im Rohformat auf die Festplatte speichern, der dann nachträglich bearbeitet bzw. analysiert werden kann.



Am linken Rand des Empfangsfenster finden sich eine Reihe von Knöpfen, die im Prinzip selbsterklärend sind: »Start« beginnt die Aussendung eines angewählten Bildes, »Stop« bricht eine laufende Übertragung ab. Mit dem Knopf« Top« wird der gerade laufende Empfang weitergeführt, die neuen Zeilen beginnen allerdings wieder am oberen Bildschirmrand. »Erase« löscht den Inhalt des Empfangsfensters, während »Save« ein neues Fenster mit einem Dateibrowser öffnet, in dem das gerade empfangene Bild gespeichert werden kann.


Die Knöpfe »Sync« und »VIS« haben die gleiche Funktion wie oben beim Konfigurationsfenster beschrieben, nämlich die Benutzung des VIS-Codes bzw. des Synchronisierungspulses umzuschalten. Die Grundeinstellung, die in der Konfigurationsdatei vorgenommen wurde, kann hier zur Laufzeit des Programmes verändert werden. Darunter finden sich zwei gelbe Balken, von denen der obere die Lautstärke des empfangenen Audiosignales anzeigt und der untere die Anzahl des bislang empfangen Zeilen eines Bildes mitzählt.


Am unteren Rand bietet das Empfangsfenster ein Spektrum Display, mit dem die Empfangsfrequenz genau eingestellt werden kann. Das SSTV-Signal muß sich dazu zwischen den beiden vertikalen blauen Linien befinden bzw. es muß sich ein Maximum auf der roten 1200 Hz Linie finden, die die Synchronisationsfrequenz markiert. Rechts neben dem Spektrum Display ist ein Scope, welches das demodulierte Signal um den Synchronisationspuls herum anzeigt. Driftet das Signal weg, kann es mit dem über Scope und Spektrum Display befindlichen Schieberegler wieder korrigiert werden.



Im Sendefenster stehen diverse Knöpfe zur Auswahl: Zunächst wird der SSTV-Benutzer eine Datei auswählen wollen, die übertragen werden soll. Dazu klickt er auf »Load«, worauf sich ein Fenster mit einem Filebrowser öffnet. Look and feel sind sehr windowsähnlich, weshalb sich keine Schwierigkeiten bei der Bedienung ergeben sollten.




Angezeigt werden Dateien und Verzeichnisordner, die sich auf einen Doppelklick hin öffnen. Ein Filter für die slektive Anzeige von ausgewählten Dateiextensionen kann, wie von Windows gewohnt, manuell gesetzt werden. Ist die zu übertragende Datei im Verzeichnisbaum gefunden worden, wird sie mit Doppelklick (oder einfachem Klick und anschließender Bestätigung auf »Open«) selektiert und geladen. Der Bildinhalt wird daraufhin im Sendefenster angezeigt und kann ausgesendet werden. Geschieht dies über einen Digipeater, bietet qsstv einen Knopf um den Digi mit einem 1750 Hz-Rufton zu öffnen. Sollen dem Bild ein Zeit-/Datumstempel oder ein Banner überlagert werfen, können diese Funktionen einzeln an- oder abgeschaltet werden.



Zusätzlich zum Bild kann noch ein Text übertragen werden, der sich selbst während eine bereits laufenden Aussendung noch anfügen läßt. Der Text ist in vielerlei Hinsicht frei konfigurierbar: Es sind fünfzehn verschiedene Schriftarten wählbar, die Größe der Zeichen variiert zwischen 8 und 84 Punkten, sowohl Vordergrund- als auch Hintergrundfarbe lassen sich mit einer Farbpalette selbst definieren und es sind Fettdruck, Kursivsatz und Schattierung möglich. Hat man sich sein Banner endlich wie gewünscht erstellt, reicht ein Klick auf den »Start«-Knopf und das Bild wird ausgesendet.


Insgesamt betrachtet steht mit qsstv ein vollwertiges Programm für den SSTV-Betrieb zur Verfügung, das den meisten Ansprüchen gerecht werden wird. Die Bedienung ist vergleichsweise intuitiv, so daß Anfänger und Umsteiger von anderen SSTV-Programmen und Betriebs-systemen keine schwerwiegenden Probleme erwarten müssen.

Kai Altenfelder, DL3LBA

Links im Web:

[1] http://ourworld.compuserve.com/homepages/on1mh/

[2] http://radio.linux.org.au/

[3] http://filewatcher.org/