APRS mit Linux


Dipl.-Ing. Kai Altenfelder, DL3LBA



Es ist schon erfreulich zu sehen, wie nach dem Erscheinen des APRS-Artikels von Andreas, DD1AAA [1] beinahe täglich neue Stationen auf der DL-Karte erscheinen. Anscheinend, um diese Betriebsart zunächst einmal auszuprobieren und dann aber auch dabei zu bleiben. Schon sind erste Digipeater zu entdecken, die lokale APRS-Stationen über Funk positionieren können und zum Teil bereits über das HamWeb vernetzt sind.


Wie sieht die Situation für den Linux-Nutzer aus, kann auch er die neue Betriebsart verwenden? Nach den vorangegangenen Artikeln [2,3] dürfte klar sein: Er kann.


Mit Linux stehen dem APRS zugeneigten Anwender zwei Möglichkeiten zur Nutzung offen. Entweder er betreibt einen Internet Server, der mit einem TNC versehen ist und so Stationen in lokaler Funkreichweite hört bzw. deren Positionsmeldung wie ein Digipeater wieder aussendet. Solch ein Server läßt sich über TCP/IP mit einer beliebigen Anzahl von anderen Server vernetzen und bietet damit die Möglichkeit, die Bewegung der lokal hörbaren Stationen auch in andere Regionen zu übertragen. Dabei kann die TCP/IP Verbindung sowohl über drahtgebundene Medien als auch über Funk errichtet werden. So wird eine flächendeckende Darstellung von APRS-Stationen ermöglicht, wobei die rechtlichen Aspekte nicht zu vernachlässigen sind (Kopplung Internet/Funknetz). Es sei an dieser Stelle nur das Programm aprsd von Dale, WA4DSY [6] genannt aber nicht näher beschrieben, da dessen Installation und Betrieb erhebliche Vorkenntnisse erfordern.


Sinnvoller für den Neueinsteiger, der in APRS zunächst einmal hineinschnuppern möchte, ist die Benutzung eines Visualisierungsprogrammes, das über einen TNC und/oder eine TCP/IP Verbindung an einen APRS Server angebunden ist.


Als Visualisierungspro-grammes kommt für den Linuxer das Programm Xastir von Frank, KC0DGE [7] in Betracht. Es liegt aktuell in der stabilen Version 0.1.3 vor. Parallel dazu wird an einer Versuchsversion im Frühstadium (Alpha 0.3.1) gearbeitet, die allerdings schon so stabil ist, daß im folgenden von dieser berichtet wird. Xastir wird sehr aktiv entwickelt, neue Versionen sind in der Vergangenheit häufig im Wochenrhythmus erschienen. Derzeit hat Frank allerdings eine Phase der Fehlerbereinigung angekündigt, in der keine wesentlichen neuen Funktionalitäten hinzukommen sollen. Wer sich den Quellcode von Franks Homepage nicht selber übersetzen möchte, kann auf die rpm Pakete für Red Hat Linux [8] von Jose, HI8GN oder für SuSE Linux [9] von mir zurückgreifen (laut Heiko, DG2DRA läuft letzteres auch unter Mandrake Linux). Für Debian hat es zwar schon häufiger Ankündigungen gegeben, ein entsprechendes Xastir-Paket ist aber bislang leider nicht erschienen.



Sobald Xastir selber übersetzt bzw. als Paket installiert wurde, kann es mit dem Aufruf von der Kommandozeile einfach gestartet werden. Nach dem Öffnen des Fensters ist zunächst nur eine graue Fläche mit einem überlagerten Raster sehen. Es fehlen nämlich noch die Karten, die in den oben genannten rpm Paketen schon enthalten sind und nachträglich vom FTP-Server [10] bezogen werden können. Für den Anfang sollte die Karte »World_Countries.map« genügen, mehr kann man sich später immer noch von dort holen. Die Karten werden vom Programm in einem Verzeichnis »maps« unterhalb des Installationsverzeichnisse erwartet, dorthin müssen sie kopiert werden. In der Menüzeile von Xastir findet sich ein Eintrag »Maps -> Map Chooser«, der ein Auswahlfenster öffnet in dem man die installierten Karten anwählen kann. Nach Selektion und Bestätigung der Karte zeigt sich Xastir bereits in einem völlig neuen Gewand. Es ist eine Europakarte zu sehen, in der die einzelnen Länder in ihren politischen Grenzen mit unterschiedlicher farblicher Darstellung präsentiert sind. Ein Klick mit der linken Maustaste (festhalten!) innerhalb der Karte öffnet ein kleines Fenster mit weiteren Optionen, nämlich »Zoom in/out«, »Zoom Level«, »Pan up/down/left/right« und »Station Info«. Die Zoomoptionen vergrößern bzw. verkleinern dern gezeigten Kartenausschnitt, während die Pan-Optionen die Karte in die gewählte Richtung verschieben. Bis hierhin ist die Funktion von Xastir noch verhältnismäßig unspektakulär.



Spannender wird es schon, wenn man im Menü den Eintrag »Configure -> Station« auswählt und in dem sich öffnenden Fenster die Daten seiner Station einträgt. »Callsign«, »LAT« und »LONG« sind selbsterklärend und für den Anfang die einzig relevanten Werte. Nach dem Bestätigen schließt sich das Fenster und wie von Geisterhand bewegt befindet sich auf der Karte ein Kreuz (das Symbol des X Window Systemes) an der soeben konfigurierten Position und daneben steht das eingetragene Rufzeichen. Damit noch weitere Stationen auf dem Bildschirm erscheinen, muß eine Verbindung zu einem TNC oder eine TCP/IP Verbindung zu einem APRS Server konfiguriert werden. Unter dem Menüpunkt »Configure -> Interfaces« verbirgt sich folgendes Fenster, in dem nach Klicken auf den »Add« Knopf eine Auswahl von möglichen Interfaces erscheint. Für ein erstes Ausprobieren ist die Option »Internet Server« am eindruckvollsten, die allerdings eine Verbindung in das Internet erfordert, sei es über eine Standleitung oder eine Wählverbindung. In dem Konfigurationsfenster für den Internetserver sind bereits die Adresse »www.aprs.net« mit der Portnummer »10151« vorgegeben, diese können einfach bestätigt werden. Sobald die Verbindung zu diesem Rechner steht, beginnt in der linken unteren Ecke des Hauptfenstes von Xastir ein Schriftzug zu laufen an, der ständig das Eintreffen von Positionsdaten meldet. Nach und nach füllt sich der Bildschirm mit den unterschiedlichsten Symbol-Icons von Stationen. Was diese Symbole im einzelnen bedeuten und wie man sie in Xastir konfiguriert, ist im Hilfemenü unter »Help -> Symbol Table« dokumentiert.


Je nach Tageszeit sind in Deutschland mehr oder weniger Stationen zu sehen, während bei einigen unser europäischen Nachbarn eigentlich immer Stations-Icons dicht an dicht sitzen. Nun kann man mit dem Mauszeiger inmittten einer solchen Gruppe fahren und mit der linken Maustaste weiter in die Karte hineinzoomen. An dieser Stelle kann nun der letzte Punkt »Station Info« aus dem oben erwähnten »Options« Menü erklärt werden. Steht der Mauszeiger genau über dem Icon, kann man sich mit diesem Menüeintrag Informationen zur betreffenden Station ausgeben lassen (befindet sich der Mauszeiger über einer Gruppe von Icons, so wird ein Popup-Fenster geöffnet, aus dem man zwischen den in Frage kommenden Stationen auswählen kann). Dieses Informationen umfassen neben dem Datenpfad zur angezeigten APRS Station auch Angaben über deren letzter gemeldeter Position und zum Beispiel einen Kommentar des Betreibers über die von ihm eingesetzte Software etc.



Da APRS so richtig interessant erst bei bewegten Stationen wird, sollte man sich ein Stationssymbol suchen, daß eine ständige Positionsänderung vermuten läßt, also ein Auto, LKW oder ähnliches. Die Suche wird erleichtert durch die Anzeige der Geschwindigkeiten von bewegten Stationen, daher schalten wir sie vorher im Menüeintrag »Display -> Speed -> On« ein. Um eine dieser Stationen nun auf dem Bildschirm zu verfolgen, geben wir im Menüeintrag »Display -> Track Station« das entsprechende Rufzeichen ein. An dieser Stelle kann unterschieden werden, ob das genaue Rufzeichen einzusetzen ist oder z.B. Groß-/Kleinschreibung egal ist. Das konfigurierte Icon rückt daraufhin in die Fenstermitte. Bei jeder neu empfangenen Positionsmeldung wird sich nun die Karte unter dem Icon wegbewegen und damit die Änderung der Position anzeigen. Hat man »Display -> Station trails« auf »On« gesetzt wird der jeweils zurückgelegte Weg zusätzlich durch eine farbige Linie visualisiert. Auf diese Weise läßt sich ohne Probleme die Bewegung auch von mehreren Stationen über einen längeren Zeitraum hinweg nachverfolgen. Als praxisnahe Anwendung im Amateurfunk »Alltag« kommen einem hier z.B. Mobilfuchsjagden oder Ballonprojekte in den Sinn, wohingegen das Auffinden eines gestohlenen Fahrzeuges mittels APRS mehr ein positiver Nebeneffekt sein dürfte.


Mit diesen ersten Schritten kann sich der Xastir-Neuling langsam in die Welt von APRS vortasten und nach und nach die weiteren Funktionen der Software erkunden. Wie bei den meisten anderen Applikationen unter Linux gilt auch hier, daß der größte Lerneffekt beim Ausprobieren und Experimentieren erzielt wird. Die Online-Hilfe von Xastir bietet in weiten Teilen gute Hilfe wobei nicht verschwiegen werden soll, daß sie derzeit nicht der aktuellen Version angepaßt ist sondern noch auf dem Stand der letzten stabilen Version 0.1.3 basiert. Das ist aber ein generelles Problem von freier, sich schnell entwickelnder Software.



Wer bis hierhin durchgehalten hat und Geschmack an APRS unter Linux gefunden hat, wird im nächsten Schritt bestimmt seinen TNC anschließen wollen. Seit der Version 0.2.0 unterstützt Xastir nicht nur einen direkt seriell angeschlossenen TNC, sondern auch den vom Linux Kernel gebotenen AX.25 Layer. Dazu wird wieder im Menü der Eintrag »Configure -> Interfaces -> Add« ausgewählt. Als erste Variante soll ein »Serial TNC« konfiguriert werden, in meinem Fall ein TNC31S von Symek [11]. In dem Konfigurationsfenster wird die Schnittstelle benannt, an der der TNC angeschlossen ist: /dev/ttyS0 für die erste (COM1) bzw. /dev/ttyS1 für die zweite (COM2) serielle Schnittstelle des Rechners. Mit dem Knopf »Activate on Startup?« wird festgelegt, ob das Gerät beim Programmstart sofort aktiviert werden soll oder erst später manuell vom Anwender. Mit »Allow Transmitting?« bestimmt man, ob der TNC nur Daten empfangen oder auch aussenden soll. Im Abschnitt »Port Settings« hat der Benutzer die Auswahl zwischen unterschiedlich schneller Ansteuerung des TNC-Ports. In der Welt der Telefon-Modems wird dieser Wert gerne mit der Übertragungsrate des Modems verwechselt, es handelt sich aber um die Schnittstellenge-schwindigkeit! Der »Port Style« ist bei meinem TNC »8,N,1«, also acht Datenbits, ein Stoppbit und keine Parität.


Die »Igate Options« regeln den Datenaustausch zwischen den verschiedenen konfigurierten Interfaces: Hier sind unbedingt die jeweilig geltenden Bestimmungen zu beachten! »Disable all Igate traffic« trennt komplett zwischen Internet(TCP/IP)- und Funkverbindug über einen TNC, d.h. über Funk empfangene Positionsmeldungen werden nicht auf dem TCP/IP-Interface ausgesendet und umgekehrt. »Allow RF to Inet traffic ONLY« läßt lediglich die Aussendung von Funkdaten über TCP/IP zu aber nicht den umgekehrten Weg. »Allow RF->Inet and Inet->RF traffic« schaltet ein bidirektionales Gateway zwischen Funk-TNC und TCP/IP-Verbindung, auf beiden Interfaces werden die empfangenen Daten auf dem jeweils anderen Interface wieder ausgesendet.


In den folgenden drei Eingabefeldern können unterschiedliche Pfade konfiguriert werden, auf denen die UnProto Pakete ausgesendet werden. Im Normalfall ist nur ein Eintrag nötig, der mit dem Standartwert »RELAY,WIDE« vorbelegt ist. Diese Einstellung geht davon aus, daß man sich in relativ großer Entfernung zum Digipeater befindet bzw. mit geringer Leistung sendet (z.B. Handfunkgerät TH-D7E). Befindet man sich in nur geringer Entfernung zum Umsetzer, genügt an dieser Stelle ein Eintrag »WIDE«. Hinweise über weitere Variationsmöglichkeiten finden sich in den »APRS Operation Notes« [13].


Die beiden letzten konfigurierbaren Textfelder betreffen die Skripten, die zur Initialisierung bzw. zum Rücksetzen des TNC aufgerufen werden. Beide Werte sind vorbelegt und zeigen auf zwei Dateien, die im Verzeichnis config unterhalb des Xastir-Installationsverzeichnisses liegen, also z.B. /usr/lib/xastir/config/. Diese Dateien werden von der Installation mitgeliefert und müssen gegebenfalls noch auf den eigenen TNC angepaßt werden (Handbuch des TNC bemühen!). Wenn all diese Angaben eingetragen wurden, können sie mit »OK« bestätigt werden. Daraufhin erscheint in der rechten unteren Fensterecke ein (weiteres) gelbgrünes Symbol, welches das konfigurierte Interface darstellt. Der gelbe »Deckel« steht dabei für das konfigurierte Interfac an sich, während der grüne »Boden« anzeigt, daß das Interface »UP«, d.h. aktiv ist. Die Aktivität bzw. Inaktivität eines Interfaces kann man im laufenden Betrieb übrigens unter »Interfaces -> Interface control« umschalten. Sobald Daten über ein Interface fließen, wird dies mit einem roten Pfeil in der Mitte des Symbols angezeigt, wobei die Richtung des Pfeils jeweils Empfang oder Aussendung angibt.


Der Anschluß eines »AX.25 TNC« im Menü »Configure -> Interfaces -> Add« funktioniert prinzipiell genauso, nur daß anstelle der Port Parameter und der Start- und Stop-Skripten lediglich der Name des AX.25 Devices (definiert in der Datei axports [14]) angebenen werden muß.


Damit ist der TNC für den APRS-Betrieb konfiguriert und es kann losgehen. Alles was der Xastir-Benutzer jetzt noch braucht, ist entweder lokal empfangene APRS-Stationen oder einen APRS-Digipeater in Hörweite.


Die Hinweise auf allgemeine Hinweise zu APRS hat Andreas in seinem Artikel [1] bereits gegeben.

Auf der Webseite von Frank, KC0DGE [7] finden sich neben den grundlegenden Informationen zur Konfiguration von Xastir auch Formulare, um sich in die Benutzer- und/oder Entwicklermailing-liste [4,5] einzutragen. Hier werden die neuesten Informationen zu neuen Versionen oder zwischen-zeitlich behobenen Fehlern zugänglich gemacht. Auf beiden Listen wird in englischer Sprache kommuniziert.



Kai Altenfelder

Kopernikusplatz 32

90459 Nürnberg

ka@suse.de


Literatur:

[1] Andreas Puschendorf, DD1AAA, »Packet Radio mal anders«, CQ DL 3/2000, Seite 187-188

[2] Kai Altenfelder, DL3LBA, »Was bietet Linux den Funkamateuren?«, CQ DL 3/2000, Seite 176-177

[3] Kai Altenfelder, DL3LBA, »SSTV mit Linux und der Soundkarte«, CQ DL 4/2000, Seite 247-248


Mailinglisten zu Xastir:

[4] Benutzerdiskussion

xastir-friends@okcforum.org


[5] Entwicklerdiskussion

xastirdev@okcforum.org


Links im Web:

[6] Homepage von Dale, WA4DSY

http://www.wa4dsy.net/aprs/


[7] Homepage von Xastir

http://www.eazy.net/users/fgiannan/xaprs/


[8] Homepage von Jose, HI8GN

http://lnx.hi8gn.ampr.org


[9] SuSE FTP Verzeichnis

ftp://ftp.suse.com/pub/projects/ham/i386/


[10] Karten für Xastir

ftp://aprs.rutgers.edu/pub/hamradio/APRS/map02/


[11] TNC31S von Symek

http://symek.com/tnc/tnc31.htm


[12] APRS Seite von KD4RDB

http://www.qsl.net/kd4rdb/aprs.htm


[13]APRS Operation Notes

http://www.dididahdahdidit.com/text/ops.txt


[14] AX.25-HOWTO

http://www.tu-harburg.de/dlhp/HOWTO/DE-AX25-HOWTO.html (deutsch)

http://www.linuxdoc.org/HOWTO/AX-25-HOWTO.html (englisch)




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